Scheinträchtigkeit beim Hund
Eine regelmäßige Scheinträchtigkeit oder Scheinschwangerschaft, in der Fachsprache lactatio falsa, ist bei unkastrierten Hündinnen ein häufiges Phänomen: Unabhängig davon, ob es zu einer Befruchtung kam oder nicht, schüttet der Körper der Hündin Schwangerschaftshormone aus. Diese können unter anderem Nestbauverhalten und Milchbildung auslösen.
Verhält deine Hündin sich, als wäre sie trächtig, ohne dass du eine Erklärung dafür hast? Keine Panik: Vermutlich ist sie lediglich scheinträchtig. Hier erfährst du, wie eine Scheinschwangerschaft zustande kommt, wie sie verläuft, ob man sie behandeln sollte und wie du am besten damit umgehst.
Welchen Sinn hat eine Scheinträchtigkeit?
Bei den wilden Verwandten unserer Hunde, den Wölfen, sind Scheinträchtigkeiten durchaus sinnvoll: Nur die Alpha-Tiere vermehren sich, die Unterstützung der Leitwölfin bei der Aufzucht ihrer Welpen hat höchste Priorität. Indem auch die übrigen weiblichen Rudelmitglieder sich um die Jungtiere kümmern, steigt deren Überlebensrate und das Muttertier wird entlastet. Bei der Scheinschwangerschaft unserer Hündinnen handelt es sich also um ein „Relikt“ aus ihrer wilden Vergangenheit.
Ursache der Scheinträchtigkeit: Was geschieht im Körper?
Sowohl Schwangerschaften als auch Scheinschwangerschaften sind das Resultat komplexer hormoneller Interaktionen im Körper: Im Anschluss an eine Läufigkeit steigt bei der Hündin zunächst der Progesteronspiegel. Dieses sogenannte Schwangerschaftshormon wird gegen Ende der Trächtigkeit langsam wieder abgebaut. Mit absinkendem Progesteronspiegel steigt der Spiegel des Prolaktins, welches die Brutpflege und die Milchbildung stimuliert. In aller Regel zeigen Hündinnen etwa drei bis zwölf Wochen nach der letzten Läufigkeit Symptome einer Scheinschwangerschaft.
Scheinschwangerschaft beim Hund: Symptome und Diagnose
Scheinträchtigkeiten lassen sich in den meisten Fällen bereits anhand der klinischen Symptome diagnostizieren. Als Differenzialdiagnose kommt eine echte Trächtigkeit in Betracht.
Symptome einer Scheinschwangerschaft
Scheinträchtigkeiten äußern sich von Hündin zu Hündin unterschiedlich: Während manche Hundedamen sich überhaupt nichts anmerken lassen, zeigen andere mehr oder weniger deutliche Wesensveränderungen. Dies sind vor allem:
- „Nestbauverhalten“: Zusammentragen von Decken, Tüchern und ähnlichem
- „Bemuttern“ von Gegenständen wie Spielzeugen, Plüschtieren oder Schuhen
- Aggressivität, Verteidigung des „Nests“
- vermehrte Anhänglichkeit
- verminderter Appetit
- vermehrtes Ruhebedürfnis
- Ruhelosigkeit
- Schwellungen, Berührungsempfindlichkeit und Schmerzen am Gesäuge
- Austritt wässrigen bis milchigen Sekrets aus den Zitzen
Meist ähneln die Scheinträchtigkeiten der individuellen Hündinnen einander.
Diagnose einer Scheinschwangerschaft
Eine Scheinschwangerschaft kann der Tierarzt anhand der Symptome und der Anamnese, also des Vorberichts, diagnostizieren. Wenn du eine tatsächliche Trächtigkeit nicht ausschließen kannst, kommen bildgebende Verfahren wie Röntgen und Ultraschall zum Einsatz. Dabei stellt der Tierarzt eindeutig fest, ob deine Hundedame Welpen in ihrem Bauch trägt oder nicht.
Therapie der scheinträchtigen Hündin
Scheinträchtigkeiten sind nicht zwingend behandlungsbedürftig. Nutzen und Risiken einer Therapie müssen individuell abgewogen werden. Kontaktiere gerne einen unserer Tierärzte bei Dr. SAM für ein ausführliches Beratungsgespräch!
Wann muss eine Scheinschwangerschaft bei Hunden behandelt werden?
Generell müssen Scheinträchtigkeiten nur in den folgenden Fällen therapiert werden:
- Die Hündin leidet sichtlich: Sie zieht sich also beispielsweise wochenlang zurück, zeigt wenig Appetit, ist teilnahmslos oder so anhänglich, dass sie dir auf Schritt und Tritt folgt.
- Die Hündin zeigt häufige und sehr ausgeprägte Scheinträchtigkeitssymptome. In diesem Fall besteht ein hohes Risiko verschiedener Erkrankungen wie der Bildung von Ovarialzysten (Eierstockszysten), einer Entzündung der Milchdrüsen, einer Pyometra (Gebärmuttervereiterung) sowie der Bildung von Mammatumoren.
- Die Hündin stellt eine Gefahr für dich oder deine Familienmitglieder dar. Dies ist vor allem der Fall, wenn sie aggressiv ihr Nest oder ihre „Scheinwelpen“ vor Kindern im Haus verteidigt.
Hausmittel und unterstützende Maßnahmen
Bei vielen Hundedamen helfen bereits kleine unterstützende Maßnahmen im Alltag, um die Symptome zu lindern:
- Wenn deine Hündin vermehrt an ihrem Gesäuge schleckt, zieh ihr ein altes T-Shirt oder einen Body an. Anderenfalls kann die Milchbildung stimuliert werden und das Gesäuge kann sich entzünden.
- Vermeide es, die Zitzen zu berühren: Dies würde den Milcheinschuss zusätzlich stimulieren.
- Vermeide es, deiner Hündin über den Bauch zu streicheln: Die Trächtigkeitssymptome könnten sich dadurch verstärken.
- Soweit möglich, räume alle Gegenstände weg, die deine Hündin „horten“ oder als „Scheinwelpen“ betrachten könnte.
- Sei für deine Hündin da, lenke sie ab: zum Beispiel mit abwechslungsreichen Gassirunden und interaktiven Spielen.
- Bei einigen Hundedamen helfen verschiedene pflanzliche Präparate. Sie haben keine Nebenwirkungen und können bedenkenlos ausprobiert werden.
Medikamente zur Behandlung
Scheinträchtigkeiten lassen sich mit sogenannten Prolaktin-Hemmern behandeln: Indem die Bildung des Hormons unterdrückt wird, erfolgt keine Milchproduktion und das typische Brutpflegeverhalten bleibt aus. Allerdings rufen sie bei einigen Hundedamen Nebenwirkungen wie Übelkeit und Müdigkeit hervor. Die Therapie erfolgt während der Scheinschwangerschaft über mehrere Tage. Ferner ist eine komplette Unterdrückung der Läufigkeit mit Gestagenen möglich. Infolgedessen bleibt auch die Scheinschwangerschaft aus. Auf Dauer ist diese Therapie aber nicht zu empfehlen, da sie zur Entstehung einer Pyometra (Gebärmuttervereiterung) sowie zu Gesäugetumoren führen kann.
Kastration
Bei der Kastration eines weiblichen Tieres werden dessen Eierstöcke entfernt (Ovariektomie, OE), sodass es einerseits unfruchtbar gemacht wird und andererseits keine Sexualhormone mehr produziert werden. Der Sexualtrieb sowie der Zyklus werden dadurch ausgeschaltet und es treten keine Scheinträchtigkeiten mehr auf. Liegt eine Erkrankung der Gebärmutter vor, wird diese in der Regel ebenfalls entfernt (Ovariohysterektomie, OHE). Mittlerweile gibt es minimalinvasive Operationsverfahren, bei denen kein klassischer Bauchschnitt, sondern ein endoskopgesteuerte Eingriff durchgeführt wird. Die Kastration sollte nicht während der Läufigkeit oder Scheinschwangerschaft durchgeführt werden.
Im Unterschied zur Kastration werden bei einer Sterilisation lediglich die Eileiter durchtrennt, wonach das Tier zwar unfruchtbar ist, jedoch weiterhin Sexualhormone produziert und sich dementsprechend verhält. Da dies bei unseren Haustieren selten sinnvoll ist, wird die Sterilisation in Deutschland so gut wie nie durchgeführt.
Verlauf
Eine normale Scheinschwangerschaft hält etwa zwei bis drei Wochen, selten bis zu acht Wochen an. Anschließend normalisiert sich der Hormonspiegel wieder und die Symptome klingen ab.
Zusammenfassung
Bei einer Scheinschwangerschaft gaukeln die körpereigenen Hormone der Hündin ihr vor, trächtig zu sein. Dadurch zeigt sie körperliche Merkmale und Verhaltensweisen einer tatsächlich trächtigen beziehungsweise säugenden Hündin. In freier Wildbahn dient dieses Phänomen der gemeinsamen Welpenaufzucht. Eine Scheinschwangerschaft kann sich unterschiedlich äußern; behandlungsbedürftig ist sie je nach Art und Ausmaß der Symptome. Nicht immer ist dazu eine Kastration erforderlich; manchmal genügen auch sanfte Hausmittel und unterstützende Maßnahmen.
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